Was ist GNSS und warum versagt es manchmal?
GNSS (Global Navigation Satellite System) ist ein Sammelbegriff für globale Positionierungssysteme wie GPS (USA), Galileo (EU), GLONASS (Russland) und BeiDou (China). Diese Systeme nutzen Satelliten, um präzise Standort- und Zeitdaten an Empfänger zu liefern – beispielsweise an Schiffe und Offshore-Anlagen.
GNSS-Signale können jedoch in bestimmten Umgebungen unzuverlässig oder nicht verfügbar sein, z. B.:
- In der Nähe großer Metallkonstruktionen (z. B. Kräne, Windkraftanlagen, Bohrinseln)
- Unter Brücken oder in der Nähe von hohen Gebäuden
- Bei schlechtem Wetter, Signalstörungen oder Mehrwegfehlern (Signalreflexion durch Wasser oder Metall)
- In Gebieten, die von Störsignalen oder Spoofing betroffen sind
Dies stellt ein ernstes Risiko für Offshore-Schiffe dar, die für die dynamische Positionierung (DP) auf GNSS angewiesen sind, insbesondere bei Präzisionsmanövern in der Nähe von Strukturen.
Die Funktion der Trägheitsnavigation (IMUs)
Eine inertiale Messeinheit (IMU) ist nicht auf externe Signale angewiesen. Stattdessen nutzt sie interne Gyroskope und Beschleunigungsmesser, um Position, Geschwindigkeit und Ausrichtung durch direkte Messung der Bewegung zu erfassen – eine Methode, die als Koppelnavigation bezeichnet wird. Wenn also GNSS unzuverlässig wird oder ganz ausfällt, springt die IMU ein und ermöglicht so einen sicheren Weiterbetrieb.
Offshore-Logistikschiffe
Der Kunde ist ein nordeuropäischer Betreiber von Offshore-Logistikschiffen, die Energieunternehmen, Windparkinstallateure und Tiefseeforschungsplattformen bedienen. Das Unternehmen betreibt eine Flotte von Offshore-Versorgungsschiffen (OSVs), die für den Transport von Fracht, Besatzung und Ausrüstung zwischen der Küste und Offshore-Anlagen zuständig sind. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, unter zeitkritischen und rauen Offshore-Bedingungen einen zuverlässigen und sicheren Transport von Material und Personal zu gewährleisten.
Die Bedeutung eines sensorbasierten Trägheits-Backup-Systems
Beim Manövrieren in der Nähe dieser Strukturen, insbesondere von Offshore-Windkraftanlagen und Tiefseeplattformen, kann das GNSS-Signal des Schiffes durch hohe Metallkonstruktionen, Schiffsrümpfe oder Kräne gestört werden. Dies führt zu Problemen im bestehenden dynamischen Positionierungssystem (DPS), was möglicherweise zu Betriebsunterbrechungen oder manuellen Eingriffen führen kann.
Der Kunde benötigte ein sensorbasiertes Trägheits-Backup-System, das folgende Anforderungen erfüllen musste:
- Nahtlose Integration in das Navigationskontrollnetzwerk
- Zuverlässige Koppelnavigation bei kurz- bis mittelfristigem Verlust des GNSS-Signals
- Hohe Präzision, auchunter schwierigen See- und Vibrationsbedingungen
- Häufige Neukalibrierungen oder Wartungsarbeiten reduzieren
Nach der Bewertung mehrerer Optionen fiel die Wahl auf das IMU 8 von ASC aufgrund seiner bewährten MEMS-Trägheitsleistung, seines kompakten Gehäuses und seiner digitalen Ausgabemöglichkeiten.
Eingesetztes Produkt
Hochleistungs-IMU mit 6 Freiheitsgraden (6DoF)
ASC IMU 8.X.Y Inertialsensor
- Aluminiumgehäuse
- Beschleunigungsrate:±2g bis ±30g
- Drehrate: ±100°/s und ±200°/s
Projektdurchführung
Nach einer Simulations- und Evaluierungsphase wurde das ASC IMU 8 als Fallback-Sensormodul in die DPS-Softwarearchitektur des OSV integriert. Das System wurde so konfiguriert, dass es bei einer festgestellten Signalverschlechterung nahtlos von GNSS auf Koppelnavigation auf Basis der IMU-Eingaben umschaltet.
Details zur Sensorinstallation:
- Montiert in einem stoßisolierten Gehäuse im Navigationsschrank des Schiffes.
- Messachsen 3× Beschleunigungsmesser, 3× Gyroskope (6DoF).
- Über RS422 mit der zentralen Steuereinheit verbunden.
- Daten werden mit 100 Hz abgetastet und mit der INS-Software an Bord des Schiffes zusammengeführt.
Die Feldtests fanden während realer Offshore-Einsätzen statt, darunter:
- Nahbereichsdocking an einer schwimmenden Windkraftanlage
- Kranunterstützte Gerätetransfers
- Verlängerte Positionshaltung unter rauen Wellenbedingungen (Seegang 4–5)
Während GNSS-Unterbrechungen arbeitete das DPS ohne Unterbrechung weiter und nutzte die Ausgabe der IMU 8, um Kurs und Position mit vernachlässigbarer Abweichung vom erwarteten Kurs zu schätzen.
-
Zuverlässiger Fallback bei GNSS-AusfallPosition und Kurs blieben stabil, selbst wenn das GPS-Signal in der Nähe großer Metallkonstruktionen für 30 bis 90 Sekunden vollständig ausfiel.
-
Sichere PositionshaltungSelbst unter rauen Seebedingungen und bei Störungen durch die Struktur waren weder System-Resets noch manuelle Eingriffe erforderlich.
-
Hohe IntegrationskompatibilitätDer RS422-Ausgang des IMU 8 ermöglichte eine Plug-and-Play-Kommunikation mit dem Navigationssystem des Schiffes unter Verwendung der standardmäßigen NMEA-Satzstruktur.
-
Langfristige KosteneinsparungenNach mehr als 6 Monaten im aktiven Einsatz: wartungsfreier Betrieb und noch keine Neukalibrierung erforderlich.
Minimale Beeinträchtigung der Bordsysteme
Das Schiff verfügt nun über die Grundlage für die Integration hybrider Navigationsmodelle, die in autonomen oder halbautonomen Offshore-Logistikszenarien nützlich sind. Der Kunde konnte eine hybride Trägheits-GNSS-Navigationsfunktion einführen, die die Betriebssicherheit und das Vertrauen bei minimaler Beeinträchtigung der Bordsysteme erhöhte.