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Projektbericht Bahnindustrie

Schwingungsmessung: Wenn es in der Kurve quietscht

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Die Vibrationen bei Straßenbahnen können zu unschönen Quietschgeräuschen führen. Zur Verbesserung des Fahrbetriebs stellten wir ein Messsystem zur Verfügung, mit dem sich Zusammenhänge zwischen Schwingungen und Geräuschen ermitteln lassen.

Insbesondere im Sommer bei höheren Temperaturen kann es in Städten zu einer deutlichen Geräuschentwicklung im Straßenbahnbetrieb kommen, die für Anwohner sehr störend sein kann. Geräusche entstehen grundsätzlich durch den Kontakt vom Metall der Räder zum Metall der Schienen. Insbesondere in Bogen können sich die Geräusche zu einem Quietschen verstärken, denn an diesen Stellen kommt es zu einer Verschränkung von Rad und Schiene – je enger der Bogenradius, desto stärker der Effekt. Höhere Temperaturen spielen eine zusätzliche Rolle. Ebenfalls relevant für die Geräuschentwicklung sind die Zugarten, die Untergrundbeschaffenheit und das Schienensystem. Um herauszufinden, welche Einflüsse jeweils besonders zum Tragen kommen, wurde seitens eines Kunden ein Modellprojekt initiiert, das das Vibrationsverhalten mit der Geräuschentwicklung in Zusammenhang bringen sollte.

Messsystem mit triaxialem Schwingungsaufnehmer und Richtmikrofon

Wir lieferten ein vierkanaliges Messsystem, das die Schwingungen in X-/Y-/Z-Achse über einen triaxialen Schwingungsaufnehmer sowie die Geräusche über ein Richtmikrofon erfasst. Die Messaufgabe besteht darin, verschiedenartige Messsignale – dreimal Schwingung und einmal Ton – zeitsynchronisiert in einem Messsystem abzubilden und diese Daten später an ein PC-System zu übergeben. Für die Schwingungsmessung haben wir passende Schwingungsaufnehmer im Portfolio, während wir für das Thema Audioerfassung und die Zusammenführung in ein System über den Tellerrand schauen mussten. Fündig wurden wir bei dem Software-Unternehmen Dewesoft, Spezialist für Datenerfassungssysteme, mit dem sogenannten Krypto-System. Es handelt sich um ein kleines, handliches und gegen Umwelteinflüsse unempfindliches Datenerfassungsmodul mit vier Eingangskanälen. Für die Geräuschaufzeichnung wird ein Richtmikrofon eingesetzt, das speziell für dieses Tönespektrum geeignet ist.

Passgenaue Vorkonfiguration

Das Krypto-Modul wurde von unseren Messspezialisten entsprechend vorkonfiguriert und auf die drei Schwingungskanäle sowie den Mikrofonwert eingestellt, sodass der Kunde das Modul direkt einsetzen kann. Zudem liefert das System eine eigene Zeitachse, die aus dem Programm heraus synchronisiert werden kann. Über EtherCat werden die Daten an einen PC gesendet. Mithilfe des Systems wird ersichtlich, wann eine starke Geräuschentwicklung auftritt und wie diese mit den Schwingungsamplituden korreliert. Geliefert wurde ein schlüsselfertiges Plug-and-Play-System, das in einem Koffer kompakt von Messstelle zu Messstelle transportiert werden kann.

Der Schwingungsaufnehmer selbst ist ein kompakter Miniaturaufnehmer, geeignet für die Modal- und Strukturanalyse (u.a. zur Bestimmung der Eigenfrequenzen), der TEDS-fähig ist. Ein digitaler Speicher, der im Sensor verbaut wird, übermittelt dem Messgerät nicht nur seinen Typ und seine Seriennummer, sondern auch seine Empfindlichkeiten, sodass Krypto selbst erkennt, welche Art von Sensor angeschlossen ist, und diese Konfiguration gleich übernehmen kann. Gefordert war zudem eine hohe Auflösung; der Messbereich liegt hier bei 0 bis 60g. Da der Sensor potenziell Witterungseinflüssen ausgesetzt sein kann, ist auch ein hoher IP-Schutz wichtig, in diesem Fall IP64. Er zeichnet sich außerdem durch geringes Rauschverhalten und geringe Temperaturkoeffizienz aus.

Testphase am Betriebshof

Eingesetzt wird das Messsystem zunächst in einer Erprobungsphase auf einem städtischen Betriebshof, der diverse Einflussfaktoren vereint: verschiedene Bahntypen, einen speziellen Aufbau des Gleisbetts, der lärmanfällig ist, sowie enge Schienenradien und Ausfahrungen in den Schienen. Mikrofon und Schwingungssensor sind im Schienensteg über eine eigene Halterung verbaut. Die Verkabelung verläuft zu einem Sicherungskasten, wo die gesamte Elektronik samt Krypto-Gerät angeschlossen ist. Ein Laptop ist ebenfalls direkt mit Krypto verbunden, um die Daten vor Ort – 24 Stunden, 7 Tage lang – aufzuzeichnen, die später separat ausgewertet werden. Auch Temperatur und Wetter werden protokolliert sowie die verschiedenen Fahrzeugtypen samt ihrer jeweiligen Überfahrzeiten. Ziel ist es, künftig eine Schnittstelle zu schaffen, über die die Daten in Echtzeit in eine Art Dashboard überführt werden können.

Wenn die Pilotphase abgeschlossen ist, soll das Messsystem an zentralen Verkehrsknotenpunkten eingesetzt werden. Die bisher gewonnenen Messdatenreihen zeigen bereits erste Erkenntnisse: Bahnen mit niedrigem Einstieg, die also flacher sind als Hochflurbahnen, weisen eine erhöhte Geräuschentwicklung auf. Ursächlich dafür sind u. a. die Achsaufhängungen, die jeweils einzeln aufgehängt sind und so mehr Schwingungen erlauben. Die Achsen der Hochflurbahnen dagegen sind starr und können weniger leicht in Schwingung geraten.

Maßnahmen zur Reduzierung der Lärmentwicklung sind zahlreich und immer abhängig von der jeweiligen Situation vor Ort. Das kann von der Untergrundbearbeitung z. B. mit starren Betonplatten, die weniger schwingen, bis zu veränderten Schienenlagern mit verschiedenen Dämpfungssystemen reichen. In jedem Fall sollen die Messdaten dazu beitragen, Instandhaltungsprozesse zu optimieren, z. B. die eigens entwickelten Schmieranlagen noch gezielter einzusetzen, um Schienen stets so zu schmieren, dass dies eine Reduzierung der Schienengeräusche bewirkt. Insgesamt kommt es auf eine gute Instandhaltungspraxis an, denn wenn ein gesundes Gleisnetz vorliegt, das permanent gewartet wird, verringert sich automatisch die Geräuschentwicklung.

Mehrwert für die Instandhaltung

Für den Kunden bedeutet das Messprojekt einen weiteren Schritt in einen höheren Digitalisierungsgrad. Ein auf die Kundenbedürfnisse angepasstes Dashboard bietet großes Potenzial für die Beurteilung einzelner Streckenabschnitte. Der Aufwand der Messdatenerfassung ist zwar hoch, doch der Mehrwert, der in einer verbesserten Instandhaltungspraxis liegt, rechtfertigt die Maßnahmen. So können Gleisanlagen noch besser weiterentwickelt und Geräusche reduziert werden, sodass Anwohner weniger beeinträchtigt werden.

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Stefan Kunisch

Leitung Produkt-Management